Nun ist es gerichtsfest: Die KZ-Gedenkstätte Buchenwald darf Menschen, die ein sogenanntes „Pali-Tuch“ trage, den Zugang auf ihr Gelände verbieten. Die Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (OVG) besagt, dass die Gedenkstätte es nicht hinnehmen müsse, dass durch das Tragen der Kufiya gerade auf ihrem Gelände gegebenenfalls das Sicherheitsgefühl von Jüdinnen und Juden gefährdet werde. Der Beschluss ist unanfechtbar. Unkritisierbar ist er indes nicht. Man muss nicht erst die Meinungsfreiheit bemühen, bereits das reichlich vage Argument des „Sicherheitsgefühls“ schöpft aus gefühlten Wahrheiten. Ein Blick auf die Geschichte des „Palästinensertuchs“ hilft ebenso. Ich habe seit 2003 in Glossen das Tragen der Kufiya politisch eingeordnet, zuweilen gegen Angriffe verteidigt. Das Palituch steht im Zusammenhang mit der linken Palästina-Solidarität.
Das Tuch war dabei immer ein dialektisch zu betrachtendes Solidaritätssymbol.
Schon früh wanderte es global um die Welt, selbst in die DDR-Künstlerszene.
Es wurde besonders im Jahre 2003 von den ex-linken und neu-rechten „Antideutschen“ als Zeichen von „Antisemitismus“ angegriffen. Aktuell wurde sogar in der FAZ historisch kenntnisreich zurückgewiesen, dass das Tuch in besonderer Weise mit dem Nazifreund und Antisemiten, dem Großmufti von Jerusalem, in Verbindung stehe.
Im Jahre 2007 nahmen Billigmode-Häuser in Form einer kulturellen Aneignung zu kommerziellen Zwecken eine Form des „Pali-Tuchs“ ins Sortiment auf, auch vollständig unpolitische Persionen schmückten sich damals damit. Dennoch kam es zu ersten Verboten! Zu den Verboten von Pali-Tüchern in Gedenkstätten schrieb ich in einer kleinen Glosse im Januar 2008:
Im Gemeindeblatt ”Jüdisches Berlin” im Dezember 2007 findet sich ein begeisterter Bericht, dass „Jugendlichen, die solche Tücher in letzter Zeit sehr häufig als modisches Accessoire tragen, der Zutritt in das Informationszentrum (des Mahnmals für die ermordeten Juden, G.H.) verwehrt wird“. Von „Feingefühl“ und „politischem Engagement der Einrichtung“ ist dann die Rede. Das ist dann doch ein schallendes Gelächter wert! Die unpolitisch-konformistischen heutigen Pali-Kids werden nicht mehr über den Holocaust informiert? Die staatlichen Antifa-Pädagogen machen das, was die ”antideutschen” Publizisten immer forderten: ”Raus mit den Pali-Kids!”? Wäre man nicht ohnehin skeptisch gegenüber dem pädagogisch-staatsverordneten Erinnerungs-Zinnober besonders rund um das Berliner Mahnmal, man müsste ein glattes pädagogisches Versagen konstatieren. Denn – Ironie der Geschichte – die 80er-Jahre Pali-Militanten wussten über den Faschismus, den Antisemitismus, Auschwitz und IG Farben ziemlich gut Bescheid. Geschichte konnte sich noch subversiv angeeignet werden, gerade weil der Geschichtsunterricht in der Institution Schule damals erbärmlich schlecht und faschismusblind war, die 2007er-Pali-Träger dahingegen hören beim moralinsauer-zerknirschten Gedenk-Geschichtsunterricht zum „Zweiten Weltkrieg“, der meist immer noch erbärmlich schlecht, wenn auch anders ist, ohnehin weg. Und das war‘s. Ins Informationszentrum dürfen sie mit ihrer Schulklasse jetzt auch nicht – bleibt nur noch, in der ohnehin von Langeweile ausgefüllten Zeit ins Schaufenster zu glotzen.